Prof. Dr. Bernhard Kummer: Brünhild und Ragnarök
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Die Gestaltung der isländischen Brünhilddichtung aus dem Erlebnis des Glaubenswechsels. 2007, Roland Bohlinger, Institut für ganzheitliche Forschung 64 Seiten, A5, kt.
Produktbeschreibung
Die Gestaltung der isländischen Brünhilddichtung aus dem Erlebnis des Glaubenswechsels
Um 1958 ist im Verlag der „Forschungsfragen unserer Zeit“ Gisela Lienau in Zeven, einer Kleinstadt zwischen Hamburg und Bremen, eine 28 Seite umfassende Broschüre von Bernhard Kummer unter dem Titel „Gefolgschaft, Führertum und Freiheit – Vom Grundgesetz der Demokratie in alter Zeit“ erschienen. Der 1954 gegründete Verlag bestand bis 1964 und Kummer war bis zu seinem Tod 1962 nicht nur Autor, sondern auch Schriftsleiter des Verlages. Die Ausgaben 1 und 2 der Forschungsfragen 1963 waren Gedenkschriften für Kummer und enthielten die Bibliografie seiner Werke. Im Stichwortverzeichnis des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung, das seit 1987 Publikationen des rechten Lagers sammelt und bearbeitet, ist der Verlag belegt mit den Stichworten „Ludendorffer, Edda, Germanenforscher, nordische Blätter, nordische Stimmen.“
Zurück zur Broschüre von 1958. Es heisst dort auf den Seiten 7 und 9, die Zitate sind gekürzt: „Man hat einen folgenschweren Gegensatz zwischen Gefolgschaftsethik und Sippenethik konstruiert. Das hat dazu geführt, uns im Namen der germanischen Tradition eine uns nicht gemäße, ja schädliche Preisgabe anderer Bindungen zugunsten eines Führerglaubens, der blind machte, zu emfpehlen. Es heißt das also: „Sippe ist Hemmnis der Kultur, Gefolgschaft Fortschritt. Nicht das Blut schuf sie, sondern der Wille.“ Der Germanist setzte hier also die Blutsbindung in Gegensatz zu dem in Gefolgschaften tatenlustig zusammenfindenden Streben. Er stellte dem Bauerntum, das doch mit dem ganzen Herzen den Söhnen in die Welt der Taten folgte und die Lieder von den großen Führern und Taten liebte, ein von dem Hemmnis der Sippe gelöstes, in ganz neue Ordnung gebundenes Gefolgswesen gegenüber, das dne Fortschritt der Kultur bestimmte. Kultur ist danach Folge der Loslösung Einzelner aus der Gemeinschaft, die sie geboren hat, zugunsten eines neuen Ordens. So muß nun auch das Eingehen in diesen neuen Orden als eine Umwandlung des einzelnen erfasst werden. Der Aufzunehmende müsste dann jeweils umgeschult, schmerzlich losgerissen und neu gebunden worden sein, um eben nun „die andere Seite“ des Lebens zu betreten. Jener Durchgang und Übergang wird nun aus einer Art magischen Zaubers erklärt, der die überragende Gestalt eines großen Führers auf die jungen, ehrgeizigen Männer ausübt, die sich ihm selbstvergessen anheimgeben, wobei bisweilen eine erotische, also dem Homosexuellen sich nähernde Note beigemischt wird. Nach diesem seltsamen Vorgang hätte sich dann nach eigenen Gesetzen über dem Volk die „Elite“ einer Kriegerschar Odins gebildet, die schließlich zu einem Kult und Staat beherrschenden Geheimbund wurde. Alle „Geschichte“ wird dann diesen Bünden verdankt, oder, wie es heißt: „der Zirkulation von Führern und Eliten“, statt, wie wir meinen möchten, dem großen, spannungsreichen Zweiklang zwischen Volksgemeinschaft und großer Persönlichkeit im Volk. Ich behaupte: Seit der Verkündung dieser und ähnlicher Ansichten gab es für unsere Zeit keine bedeutsamere Streitfrage als diese.“
Gegen welchen Anonymus schreibt Kummer hier an. Sein Gegner ist der Germanist und Skandinavist Otto Höfler. Wenden wir uns zunächst den Biografien und Werken der beiden Streithähne zu.
Bernhard Kummer
Bernhard Kummer (1897 – 1962) war ein Schüler des Berliner Lehrstuhlinhabers für Nordistik Gustav Neckel (1878-1940). Kummer überwarf sich mit ihm 1935, warf ihm Plagiat, also Abschreiben wissenschaftlicher Forschung, vor, fühlte sich in Wahrheit aber wohl in seiner Karriere zurückgesetzt – Neckel wurde vorübergehend, bis 1937 nach Göttingen versetzt und kehrte dann nach Berlin zurück, die Affaire verlief letztlich im Sande. Neckel war Nachfolger des Baseler Nibelungenliedspezialisten Andreas Heusler (1865-1940) auf dem Berliner Lehrstuhl und Edda-Herausgeber. Er galt als nationalkonservativ mit völkischen Neigungen. In einem Brief während der Affaire schreibt Heusler über Kummer, dieser sei ein bedenklicher „Mythologe, gezüchtet als Helfer im nationalsozialistischen Werk.“ Kummer promoviert 1927 in Leipzig mit dem Thema „Midgards Untergang – Germanischer Kult und Glaube in den letzten heidnischen Jahrhunderten“ am Institut für vergleichende Religionsgeschichte. Die Dissertation ist immer wieder als Buch aufgelegt worden, u.a. 1938, und muss als sein Hauptwerk gelten. Er stellt dem späteren Odinskult der Edda als Ausdruck einer Verfallszeit der heidnisch-germanischen Welt (Utgard) den früheren, im Ahnen- und Sippengedanken verankerten Kult des Bauerngotts Thor (Midgard) als Ausdruck einer lebendigen vorchristlichen Gemeinschaft gegenüber. Schon hier klingt der spätere Widerspruch zu Höfler an. Kummer schreibt: „Die Odinsgedichte sind Gelehrsamkeit, die Thorsgedichte sind Mythen. In der Dichtung ist nicht Odin, sondern Thor der wichtigste Gott. An dem Eindringen Odins als Verkörperung aller gefürchteten Utgardmächte wird die nordische Seele sich, um dann im großen Hospiz der katholischen Kirche Aufnahme zu finden.“(S.20) Am 1.5.1928 trat Kummer der NSDAP bei, bereits Am 31.1.1929 trat er wieder aus. Es gibt Quellen, die belegen glauben zu können, dass er 1938 in die SA eintrat. Kummer war Schriftleiter der im Leipziger „Adolf Klein Verlag“ herausgegebenen Publikation „Nordische Stimmen. Zeitschrift für nordisches Wesen und Gewissen“, die ins das Umfeld der deutschgläubigen Religionsbewegung und des nordischen Gedankens gehört und wenigstens zwischen 1931 und 1941 erschienen ist. Der Tübinger Germanist Gerd Simon schreibt: „Der nordische Gedanke war lange Zeit ein nicht in Frage gestellter Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie. Spätestens 1936 wird er eigentümlich an den Rand gedrängt, seine führenden Anhänger entmachtet. Mit der Gründung des Vierjahresplans, aus dessen geheimen Zusätzen heute klar ist, dass er ein Aufrüstungsplan für den Krieg war, wurde alles, was diesen stören konnte abgewertet. Alles Mythologische wurde heruntergefahren und als mythologisch galten weniger der Rasse- oder der Bodenbegriff, sondern vor allem das Nordische mit ihren Göttern und Göttinnen.“ (homepages.uni-tuebingen.de/gerd.simon/hoeflereinleitung.pdf ) Rasse- und Bodenbegriff passten in die biologistische Schiene einer modernen Argumentation und waren zudem mit dem christlichen Milieu der Bevölkerungsmehrheit kompatibel. Kummers Position wurde zunächst vom Amt Rosenberg gefördert, das mit dem Ahnenerbe-Institut der SS um die weltanschauliche Deutungshoheit der NS-Ideologie konkurrierte. Er selbst arbeitete im „Thüringischen Landesamt für Rassewesen“ und wurde vom Rektor der Jenaer Universität, dem Mediziner Karl Astel (1898-1945) protegiert. Dieser war seinerseits ein Protegé von Himmler und dem thüringischen Gauleiter Sauckel. Astel war einer der führenden NS-Rassenforscher und leitete u.a. das Rassehygieneamt der Reichsführerschule der SA in München, die erbgesundheitliche Beratungsstelle des Reichs- und Sicherheitshauptamts der SS sowie das Jenaer Institut für menschliche Züchtungslehre und Erbforschung. Kummer hielt bis 1938 (homepages.uni-tuebingen.de/gerd.simon.nordschulz.pdf) laut einer Akte „fast 800 Schulungsvorträge vor allen Gliederungen der Bewegung einschl. SS.“ Wegen seiner Auseinandersetzung mit Höfler und führenden Personen des Ahnenerbes verzögerte sich die Ernennung zum Professor in Jena bis 1942/43. Nach 1945 taucht er – mit Professorentitel – als Schriftleiter des bereits genannten Verlages „Forschungsfragen unserer Zeit“ auf. Zu seinen weiteren Veröffentlichungen gehören „Die weibliche Gottheit bei den Germanen“ (1933), „Vom Sinn und Wahnsinn des Krieges“ (1934), „Germanenkunde im Kulturkampf“ (1935), „Nordisches Lebensgefühl“ (1935), „Gott in Waffen“ (1937), „Brünhild und Ragnarök. Die Gestaltung der isländischen Brünhilddichtung aus dem Erlebnis des Glaubenswechsels“ (1950), „Die Lieder des Codex regius (Edda) und verwandte Denkmäler“ (1959-61). Kummers Schriften wurden später nicht mehr aufgelegt. In der Wissenschaft wird er im Rahmen der Analyse der völkischen Religionswissenschaft kritisch behandelt – der Religionsphilosoph Hermann Mandel (1882 – 1940), zunächst ev. Theologe, dann Propagandist des „Deutschen Gottglaubes“ (1934) war sein Parteigänger -, in der Germanistik und Skandinavistik spielt er keine Rolle. In der neuheidnischen Szene greift man eher auf den von dne Männerbündlern in der SS nach 1936 ausgebooteten Ahnenerbe-Gründer Hermann Wirth zurück, der – stärker als Kummer – die Matriarchatstheorien des 19. Jahrhunderts im völkischen Sinne weiterentwickelt hat und damit in die Themenlandschaft der sozialen Bewegungen nach 1968 passt. Kummers Bauerntumsideologie hielt sich nur in diesem, gesellschaftlich auf dem Rückzug befindlichen Umfeld, bzw. im engeren Kreis der rechtsextremen, nordisch-deutschgläubigen Bewegung der Gegenwart. So wird z.B. auf seine Auffassung von der Sippenseele 2005 in der Zeitschrift „Nordische Stimmen“ der „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft“ Bezug genommen. Deren Schriftleiter ist der rechtsextreme Multifunktionär Jürgen Rieger, der u.a. an der Organisation der Rudolf-Hess-Gedenkmärsche in Wunsiedel beteiligt ist und 2004 das Vorwort zur zweiten russischen Auflage der Rassenkunde von ans Fk. Günther verfasst hat. (siehe wikipedia). Derzeit betreibt er den Erwerb eines Hotels in Delmenhorst für die „Wilhelm-Tietjen-Stiftung“.
2007, Roland Bohlinger, Institut für ganzheitliche Forschung 64 Seiten, A5, kt.
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